Was lange währt

 

unser Jubiläum Teil 2 (Text M.Wolffson)

Die Einwohner des Fleckens Fischerhude konnten der Zukunft beruhigt entgegensehen. Bis Ende des 12. Jahrhunderts lagen, zerstreut im Wümmedelta, 8-9 Siedlungen (Höfe), zwischen den Wümmearmen. Sie wurden nach Norden (in Richtung Quelkhorn) durch den sogenannten ,,Fleckensgraben“ geschützt. Nach Süden (in Richtung Sagehorn) sorgte der ,Mühlenstreek“ für die notwendige Sicherheit vor ungebetenen Eindringlingen. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts (1610), zählten die Beamten des Bremer Erzbischofs in Fischerhude nicht 18 Höfe wie noch 1535, sondern 34 Betriebe. 

 

Das starke Bevölkerungswachstum im 16. Jahrhundert hatte „inne Hue“ (wie man unser Dorf kurz und knapp auf Plattdeutsch nennt) und auch andernorts – zur Abtrennung kleinerer Hofstellen von den schon bestehenden geführt. Die abgetrennten Stellen wurden von Bauernsöhnen bewohnt, die in der Erbfolge nicht berücksichtigt werden konnten. Da in Fischerhude immer der jüngste Sohn erbte, waren es folglich seine älteren Brüder, die auf diese Weise abgefunden wurden. Diese – nichterbenden – Söhne nannte man ,,Köthner“, worüber sie sicherlich nicht eben glücklich waren. Denn erstens konnten sie sich durch Abwanderung und Neuansiedlung nicht mehr verbessern, weil fast alle Nutzflächen der Umgebung schon vergeben waren. Und zweitens waren sie als Köthner gegenüber den Bauleuten in ihrer sozialen Stellung benachteiligt. Zwar mussten sie bei allen Kontributionen Abgaben und Diensten nur den halben Baumannsteil leisten, hatten dadurch aber auch nur die Hälfte aller Rechte, die den Bauleuten zufielen. Sie waren Bauern 2. Klasse.

 

Hinrich Schloen, Gründer des in Ortsmitte gelegenen Dorfmuseums „Heimathaus Irmintraut“, stellte es sich so vor: Am Wümmestreek und Fleckensgraben lagen 25 bis 30 langgestreckte, strohgedeckte Gebäude eng zusammengedrängt. Unter den moosbewachsenen Strohdächern schauten die zweizeiligen, weißgetünchten Lehmwände hervor. Aus der zum Wasser gekehrten “Groten Döör” und den quergeteilten „Blangndöörn“ quoll zu jenen Zeiten starker Rauch. Neuere Gebäude führten schon Glasfenster, hin und wieder sah man wohl auch schon Wandflächen mit roten Backsteinen ausgefüllt. Zwischen den Wohnhäusern drängten sich Scheunen, Wagenschauer und Backhäuser als Nebengebäude, die bei steigendem Wohnbedarf den Zweig- und Knechtsfamilien als Hausungen zugewiesen wurden. Einige dieser anfänglichen Notwohnungen bestehen bis auf den heutigen Tag als ausgebaute Häuser. Sie hatten damals noch kein Herdrecht, durften also kein Feuer entzünden. Zum Kochen und Wärmen stand ihren Bewohnern das Haus ihres Großbauern zur Verfügung.

 

 

Besonders zu empfehlen ist das aktuelle, farbige, 560-Seiten starke Werk von Manfred Wolffson, das rechtzeitig zur diesjährigen 900-Jahrfeier von Fischerhude fertiggestellt wurde.

 

Erworben werden können alle 3 Bände der Chronik im Dorf in „Brünings Scheune“, im „Otto-Modersohn-Museum“, bei „Körbers Gasthof“ oder beim Herausgeber unter Telefon-Nr.  04293-7641

 

 

 

 

 

 


Gut und gerne 900 Jahre

Bei seiner „Geburt“ hieß unser Dorf eigentlich ganz anders, nämlich „Widagheshude“. Zusammengesetzt aus dem Begriffen „Widag“ (Altsächsischer Name für Kampf und Glanz) und „Hude“, die Bezeichnung einer Übergangsstelle vom Land- zum Schiffsverkehr. Zusammengefasst also „Die Anlegestelle des Widag, des glänzenden Kämpfers“.

Aktenkundig wurde der Ortsname, zusammen mit dem Nachbarort „Quilechorne“ (Quelkhorn), durch die Niederschrift in einer Urkunde des Klosters Rastede, zu deren Güter beide Orte gehörten. Darin wird 1124 erwähnt, dass es hier bereits zwei „Bouwhove“ (Bauernhöfe) gab. Wenn man nun hochrechnet, dass zu der Zeit schon zwei Generationen auf den Höfen gelebt haben könnten, wäre unser Dorf theoretisch bereits sagenhafte 1000 Jahre alt – eine stolze Zahl! Aber es gilt offiziell eben nur die Jahreszahl der ersten schriftlichen Erwähnung.

Die Original-Urkunde ging verloren (aber glücklicherweise gab es eine Kopie). Sie wurde erstellt, weil es in dem Jahr in Rom einen neuen Papst gab: Calixtus II. Bei solchen Ereignissen bemühten sich die Klöster schnell um eine Bestägung vom neuen Kirchenoberhaupt in Rom, dass ihnen ihre Ländereien weiterhin gehörten.

Da der prunksüchtige Vatikan ja ständig in Geldnot war, ließ er sich die Unterschrift im wahrsten Sinne natürlich gerne und reichlich „vergolden“, mit jährlich zwei Unzen Gold! Ablichtungen der Dokumente mit Übersetzungen und Erklärungen sind dem neuesten Jubiläums-Band III der bunten Chronik „Die alten Höfe von Fischerhude“  lose beigefügt.

Ab dem Jahr 1397 hatten die Dorfbewohner keinen Bezug mehr zu Widag“ und übernahmen den ihnen von außerhalb zugeordneten Namen „Fischerhude”, wegen dem, neben der Landwirtschaft, beträchtlichen Nebenerwerb der Bauern als Fischer. Schon vor Urzeiten trugen der Aalfang, der Entenfang und das dank jährlicher Überschwemmungen mit natürlichen Mineralien kräftig gesättigte Gras zum Wohlstand insbesondere der „Bauleute“, der dörflichen Großbauern, bei. Viele dieser stattlichen Fachwerk-Hofstellen schmücken noch heute den Ortskern und können viel über ihre Entstehung und Geschichte erzählen. Davon wird in den nachfolgenden Ausgaben des Fischerhuder-Flyers weiter berichtet.

Erworben werden können alle 3 Bände der Chronik in den örtlichen Geschäften oder beim Autor unter Telefon 04293-764